Kerzenzeit ist immer … mach einen Punkt dran

Erna und Egon.

Egon schaut auf seine Armbanduhr. Unruhig bewegt er seine Hände hin und her. Weg wollten sie, das Haus verlassen, um bei diesem schönen Wetter einen Gang ins Grüne zu machen, vielleicht sogar etwas weiter laufen durch das herrliche Naturschutzgebiet in der Nähe. Und anschließend, kurz nach dem Essen,  gibt es diese Fernsehsendung, die er auf keinen Fall verpassen möchte. Er hat sie extra in der Programmzeitung unterstrichen, weil er sie unbedingt sehen will.  Doch seine Erna, also heute dauert es und dauert es, bis sie ausgehfertig ist. Ihm kommt es fast vor, als mache sie keine Anstalten ihre Jacke anzuziehen, als hätte sie keine Lust, das schöne Wetter zu genießen.

Dabei müsste sie doch auch das Ticken der Wanduhr hören. Er  jedenfalls sieht den Sekundenzeiger unaufhörlich wandern. Oder sind die Zeiger der Uhr etwa nicht mehr in Ordnung. Sie wird doch wohl nicht langsamer laufen, die Uhr? Es kommt ihm fast so vor. Nur nicht nervös werden, denkt Egon.

Beinahe hätte er den Tag in seine Stunden zerlegt, in Hochleistungs-Geschwindigkeitsstunden. Sich nur nicht aus der Ruhe bringen lassen.  So sind sie nun mal, die Frauen. Immer zu guter Letzt noch mal hier gucken und da. Ob die Kaffeemaschine abgestellt ist, der Herd nicht unter Strom steht, alle Fenster geschlossen sind und dann noch zweimal  die Handtasche auf und zu machen, ob noch alle Utensilien da sind. Die Notwendigkeit von Handtaschen ist Egon schon immer ein Rätsel gewesen.

„Was nimmst du auch immer alles mit, es ist Abend, bevor wir los kommen ..“Nein, treiben will er nicht, in keinster Weise. Nur leicht andeuten, dass die Sonne am Himmel nicht ewig wartet, bis Erna die Tür hinter sich schließt.

Erna kennt ihren Egon und seine Ungeduld. Sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Zu jedem Ausflug gehört freudige Anspannung, ist ihre Haltung. Seelenruhig bietet sie ihrem Egon  ein Bonbon an, während sie noch einmal durch die Wohnung läuft, um schnell dieses und jenes an seinen Platz zu rücken.

„Bin gleich fertig, einen Moment noch, ich komme.“ Damit greift sie Jacke und Schal, ein letzter Blick in den Spiegel. Egon geht schon mal zur Tür und blickt ihr entgegen.

„Erst muss alles auf den Punkt gebracht werden.. So Egon, ich bin fertig, es kann losgehen. Und wenn wir zurück kommen, können wir sofort essen.“

So ist sie nun mal, seine Erna. Dass sie nicht alles stehen und liegen lassen kann, hat auch was Gutes. Ach ja, die Töpfe standen schon auf dem Herd. Nur manchmal, manchmal, manchmal könnte sie auch einfach gar nichts machen …

Egon wischt den Gedanken weg, denn Sodom und Gomorra wünscht er sich auch nicht.  Doch einfach alles stehen und liegen lassen, nur mitkommen, ohne viel Theater, das wär`was. Das wär`so wie früher, bevor es die ganze Arbeit zwischen ihnen gab.  Spontan genießen, wenigstens ab und an.  Egon träumt davon.

Ein Gedanke zu “Kerzenzeit ist immer … mach einen Punkt dran

  1. Schmunzel… es kommt vermutlich tatsächlich selten vor, dass Partnerin und Partner gleichlang brauchen um sich „fertig herzurichten“ …
    Da ist Geduld ein guter Trumpf! 😁
    Herzliche Morgengrüße vom Lu

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