Und die Augen leuchten

„Hast du es auch gehört, vorhin Egon? Geburtstag hat er, morgen.“

„Der kleine von nebenan, Geburtstag. Der mit dem Ball, den meinst du. Wie alt wird er denn … sieben, acht Jahre?“

„Sieben. Und er strahlt vor lauter Vorfreude. Weißt du noch, früher, den Geburtstag konnte man kaum erwarten. Es war, als wüchse man über Nacht um Kilometer. Ein Riesenunterschied, wenn das Rad der Lebenszahlen die nächste Ziffer anzeigte. Als könnte man es nicht erwarten, zwei Ziffern sein eigen zu nennen. Von der 9 zur 10 zu wandern war ein Sprung. Richtig bedeutsam wurde es vom Zehner-Bereich zum Zwanziger-Bereich. Alt begann man sich zu fühlen, wenn sich die erste Ziffer langsam dem Dreierbereich näherte. Verrückt, diese Zeitempfindungen …“

„Tja Erna, Lebensabschnitte und Gefühle … sind schon seltsame Zusammenhänge. Nüchtern betrachtet, sind es nur Zahlen, Zahlenreihen. Was tut es zur Sache, ob ich fünf oder fünfhundert bin …“

Erna unterbricht ihn. In der Ewigkeit gibt es keine Alterszahlen mehr, denkt sie. Der Taschenrechner wird überflüssig werden – überhaupt, höchstwahrscheinlich hört das ganze Aufzählen, das Höher, Größer, Schöner, Besser auf. Man sagt, letztendlich zählen andere Dinge, Wesentliches. Zählen? Zählen geht nur mit Zahlen – zahlen, bezahlen.

Jetzt wird es Erna zu kompliziert. Sie unterbricht ihre Gedankenkette. Kommt man sein Leben lang nicht von den Zahlen weg? Lebensjahre werden mit Ziffern festgehalten … wie weit ist man von einer Nummer entfernt, schiesst es ihr plötzlich in den Kopf …

„Ach was ist die Kindheit schön, man freut sich auf den Geburtstag als wär’s das größte Ereignis von der Welt und kann den Tag kaum erwarten.“

Erna spürt quasi die Vorfreude des Kindes. „Mal sehen, ob ich für das Geburtstagskind noch etwas in der Dose habe. Damit steht sie auf und geht zum Küchenschrank.

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