Kerzenzeit ist immer …du musst alle Schrauben locker machen

Egon und sein Basteln. Schon lange hat er diesen Tisch, mit dem er seine Objekte festklammern kann, um sie zu streichen oder um sie zu verleimen. Wenn er mit seinen Sachen beschäftigt ist, kann die Welt untergehen … man hört und sieht nichts von ihm über Stunden. Erna lässt sich in seinen produktiven Hochphasen, wie sie es nennt, nur türspaltbreit in seinem Bastelkeller blicken.

“Gut, dass du kommst. Halt mal eben …“

Damit zeigt er auf das wacklige Gestell, an dem er gerade herum schraubt. Mehr zu sich selber sagt er: „ Willst du ihn vernünftig ausrichten, müssen alle Schrauben locker sein …“

Dabei hatte er sich gerade noch zu den schwierigen Schrauben gebückt und diese mit viel Mühe angezogen. Doch irgendwie war noch nicht alles in der Waage nach seinem Augenmaß. Ein kleines Bisschen meint er noch ausrichten zu müssen. Die Schrauben stecken zwar in den vorgeschriebenen Löchern, mit dem Festziehen jedoch geht es um die entscheidenden Millimeter, meint er jedenfalls. Selbst Erna konnte sehen, dass sein Werk, also das Zusammenschrauben des Tisches wahrscheinlich etwas mit der späteren Gebrauchstüchtigkeit und Stabilität zu tun haben könnte.

„Wie im wahren Leben …“

“Was meinst du …?“

Nicht alle Schrauben locker haben … Manchmal amüsiert sich seine Erna über ihn und meint wohl, dass er es nicht merkt. Pustekuchen, keine Ahnung hat sie von den Feinheiten, die ihn in seinem Bastelkeller fast zu Weißglut bringen. Wie lange sitzt er jetzt schon daran, dieses kleine Ding in die Waage zu bringen, also gefühlt lange. Einmal angezogen hat er alle Schrauben vorschriftsmäßig und ist jetzt bei der wichtigen Feinarbeit, dem Ausrichten. Wenn etwas richtig werden soll, müssen alle Schraubstellen locker und gelenkig gemacht werden. Das Stramme, Festangezogene verhindert die natürliche Schwerpunktfindung, sagt er. Locker, nur locker findet alles seinen Punkt und bleibt im Gleichgewicht, in der Waage. Und er möchte nur mit diesem kleinen Werktisch gut arbeiten können später, mehr nicht. Erst alles locker und gelenkig machen, mit fachmännischem Blick betrachten und dann langsam nach und nach jeder Schraube zeigen, wo sie hingehört und zusehen, dass sie ihren Platz millimetergenau einnimmt. … Wie im wahren Leben, hat seine Erna gesagt. So überlegt kann‘s stimmen,  denkt er, obgleich Erna keine Ahnung von seiner Technik hat.

“Ja, ja Erna. Wie im wahren Leben … man muss alles in die Waage bringen …“

“Meinst wohl, ganzheitlich denken …“

Nanu, wo hat sie denn den Begriff her? Seine Erna überrascht ihn täglich aufs Neue.

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