Kerzenzeit ist immer … man lässt den Dingen ihren Lauf, bis die Suppe sauer wird

„Aber Lena … die gute Suppe. Du kannst die Suppe doch nicht einfach auf dem Herd stehen lassen …“

„Ach Tante Elisabeth … sie war zu heiss, viel zu heiss zum Wegstellen. Und dann fuhr der Bus … und später … hab ich’s nicht erzählt, waren wir in der Stadt … ich habe dort nur ein Stück gegessen, weiß nicht mehr genau, wie das hieß, war total lecker und boh, was wird man satt davon … die Suppe hab ich total vergessen …“

„Die gute Rindfleischsuppe … Lena …“

„Hier, die Bläschen, sieh mal … schade …“

„Sauer, umgeschlagen ist sie. Schade. Das gute Fleisch, die Klöße, der Eierstich, das Gemüse … Müssen wir nun wohl oder übel wegtun … wie schnell das geht, das Sauerwerden … vergessen, in der Wärme stehenlassen, am nächsten Tag auch nicht dran denken und schon kann man die Suppe nicht mehr essen …

Fast als wär’s ein Trauerfall, so hört sich Tante Elisabeths Stimme an. Lena steht daneben. In der Stadt hat sie überhaupt nicht an die Suppe zuhause gedacht. Und dass die Suppe so viel Arbeit macht, davon hat sie, ehrlich gesagt, auch keinen Schimmer. Leicht beschämt steht sie neben Tante Elisabeth. Das mit der Suppe hätte tatsächlich nicht sein brauchen, läuft ihr durch den Kopf.

„Jetzt in die Mülltonne damit …?“ fragt sie Tante Elisabeth unsicher.

„… im Sieb ablaufen lassen und anschließend dick in Zeitungspapier einwickeln … danach in die Mülltonne. Sonst verschmiert alles …“

„Sauer geworden ist sie, die gute, gute Rindfleischsuppe. So viel Arbeit. Und all die guten Lebensmittel …“

Tante Elisabeth beugt sich über den Topf, riecht noch mal an der Suppe, probiert vom Suppenschleif mit dem kleinen Finger einen Tropfen von der Brühe und verzieht das Gesicht. „Na ja, kann passieren … passiert zum Glück nicht so oft.“

„Kann jedem passieren, Lena. Komm, setz‘ dich. Erzähl mal, was gibt es Neues in der Stadt …“

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